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Bedürfniskarten und Interaktionsvokabular

Methode
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Nele Balke

27.05.2025 (letztes Update) - 4 Minuten

Was brauchen Menschen wirklich – und wie wollen sie angesprochen werden?

Diese Fragen standen im Mittelpunkt der dritten Forschungswerkstatt, in der zwei Methoden erprobt wurden, die psychologische und gestalterische Perspektiven miteinander verbinden: Bedürfniskarten (Hassenzahl & Diefenbach, 2012) und das Interaktionsvokabular (Diefenbach et al., 2013).

Bedürfnisse verstehen, um gezielt gestalten zu können

Die Bedürfniskarten umfassen acht zentrale Kategorien psychologischer Grundbedürfnisse:

  • Autonomie
  • Sicherheit
  • Kompetenz
  • Popularität
  • Verbundenheit
  • Stimulation
  • Bedeutsamkeit
  • Körperlichkeit

Jede Karte erklärt, was das jeweilige Bedürfnis bedeutet, welche Gefühle bei (Nicht-)Erfüllung entstehen können und gibt praktische Beispiele oder Zitate. In der Werkstatt nutzten die Teilnehmenden diese Karten, um zu reflektieren, welche Bedürfnisse für die Zielgruppen – insbesondere pflegende Angehörige – besonders relevant sind. Ziel war es, aus dieser Perspektive zu überlegen, wie Aktivierungs- und Rekrutierungsangebote gestaltet werden müssen, um wirklich anzusprechen.

Interaktionen bewusst gestalten: das Interaktionsvokabular

Das Interaktionsvokabular ist ein Kartenset mit elf Attributpaaren, die gegensätzliche Erlebnisqualitäten beschreiben – z. B. „Stabil vs. Unbeständig“, „Behutsam vs. Kraftvoll“ oder „Langsam vs. Schnell“. Ursprünglich zur Technikgestaltung entwickelt, wurde die Methode hier auf die Gestaltung von Kontaktmomenten mit der Zielgruppe übertragen: Wie soll sich eine erste Ansprache anfühlen? Was passt zum Kontext, was zur Lebensrealität der Menschen?

In Kleingruppen diskutierten die Teilnehmenden, welche Attribute zu ihren Zielgruppen passen – und wie diese gezielt in der Ansprache, Methodengestaltung oder Kommunikation berücksichtigt werden können.

Was wir gelernt haben

Die Methoden wurden positiv aufgenommen und als hilfreich für die Reflexion und Gestaltung von partizipativen Prozessen bewertet. Besonders geschätzt wurden:

  • Die Klarheit und Struktur, die beide Tools für kreative Diskussionen bieten
  • Die Möglichkeit, sich intensiv mit Perspektiven der Zielgruppen auseinanderzusetzen
  • Die Förderung von Empathie und Differenzierung

Gleichzeitig zeigte sich aber auch:

Um noch zugänglicher und anschlussfähiger zu werden, braucht es Anpassungen – insbesondere eine vereinfachte Sprache, mehr konkrete Anwendungsszenarien und Beispiele, die näher an der Lebenswelt pflegender Angehöriger liegen.

Fazit: Mit Haltung gestalten

Die Kombination aus psychologischer Tiefenschärfe (Bedürfniskarten) und gestalterischem Bewusstsein (Interaktionsvokabular) bietet eine starke Grundlage, um partizipative Prozesse nicht nur methodisch, sondern menschlich gut zu gestalten.

Sie ermöglicht es, Angebote nicht an der Zielgruppe vorbei, sondern aus ihrer Perspektive heraus zu denken – ein wichtiger Schritt hin zu echter Teilhabe.

Quelle

Hassenzahl, M. & Diefenbach, S. (2012). Well-being, need fulfillment, and Experience Design. In Proceedings of the DIS 2012 Workshop on Designing Wellbeing. June 11-12, 2012, Newcastle, UK.

Diefenbach, S., Lenz, E. & Hassenzahl, M. (2013). An Interaction Vocabulary. Describing The How Of Interaction. In Proceedings of the CHI 2013 Conference on Human Factors in Computing Systems. Extended abstracts (pp. 607-612). New York: ACM Press.